Then. Now. Forever?
„Das beste Wrestling-Spiel seit Jahren“. Eine Aussage, die eigentlich keine Bedeutung haben sollte. WWE 2K gehört zu dieser Spielereihe die, zumindest bis vor kurzem, jährlich erschienen ist. Eigentlich sollte es doch Konsens sein, dass der neue Eintrag einer Reihe a la FIFA oder NBA mit dem neusten Titel das alte Spiel übertrumpft, und wenn es nur inhaltlich ist.
Doch lassen wir kurz mal review passieren.
Im Jahr 2019 verlor das Unternehmen mit Yuke´s seinen Kernentwickler. Dies geschah mitten in der Entwicklung und das merkte man. WWE 2K20 wurde von schlechten Wertungen überhäuft und man entschied sich, mehr oder weniger freiwillig im Rahmen der Pandemie, den jährlichen Release vorerst zu pausieren. Wer sich erinnert: auch im Sports-Entertainment lief es nicht rund. Die Shows wurden zu beginn komplett ohne Publikum, später dann mit Facecams von Fans ausgetragen. Aus „Kostengründen“, was sich schon sehr schnell als Halbwahrheit entpuppte, wurden die Superstars gefeuert und das eigentliche Produkt verlor immer mehr an Qualität. Man versuchte zudem noch Ende 2020 mit 2K Battlegrounds einen Fun-Brawler zu veröffentlichen, der aber nicht zu mehr gereicht hat. Zugegeben: der comichafte Look hatte etwas erfrischendes, der fehlende Tiefgang im Gameplay und das schmale Roster konnten jedoch nicht lange für Interesse sorgen.
Nach dem sich das Produkt etwas gefangen hat, kam im letzten Jahr dann erste neue Eintrag der regulären Reihe raus. WWE 2K22, ein überarbeitetes Gameplay, modernisierte Grafik und jede Menge Spielmodi wurde beworben. Und in der Tat wurde das Spiel überwiegend positiv aufgenommen. Erst war der erste und vor allem große richtige Schritt in eine gute Wrestling-Spielreihe. Außerdem war dies auch ein Statement, da mit der AEW ein ernstzunehmendes Konkurrenzprodukt entstanden ist, welches ebenfalls im Videospielmarkt mitmischen wollte. Hier bleibt die Veröffentlichung allerdings noch aus.
And his name is…
Nun ist ein weiteres Jahr vergangen und im März ist der nun zweite Eintrag nach dem Neustart der Reihe erschienen. Mit Coverstar John Cena, den diesjährigen Showcase Superstar, verriet man bereits den ersten neuen Content. Der Showcase-Modi erlaubt es euch, in das In-Ring Gear bekannter Superstars zu schlüpfen und ikonische Kämpfe der Vergangenheit nachzuspielen. Im letzten Jahr bekam Rey Mysterio die Ehre, der dieses Jahr übrigens in die Hall of Fame der WWE aufgenommen wurde!
Jede Menge Auswahl im Menü!
Abseits von den Showcase-Matches liefert WWE 2K23 wieder die bereits bekannten Spielmodi, die man schon im Jahr zuvor eingeführt hat. So habt ihr wieder den MyGM Mode, der euch in die Rolle eines Managers steckt und es euch erlaubt, eure eigene Wrestlingshow zu gestalten. Hier könnt ihr entscheiden wer gegen wen kämpfen soll, welche Rivalitäten oder Freundschaften entstehen, wer den Titel tragen oder verlieren darf und vieles mehr. Die Show könnt ihr dann simulieren oder auch selber spielen und am Ende entscheiden mehrere Faktoren über die Qualität der Show. Dies steigert die Anzahl an Fans und erhöht eure Finanzen, die ihr dann für spektakuläre Arenen, Feuerwerk oder imposante Matches ausgeben könnt. Dabei steht ihr im direkten Vergleich mit drei anderen Shows, die entweder von der KI oder im Couch-Coop von euren Freunden geplant werden können.
Sollte euch das planen zu anstrengend und langwierig sein, könnte der Universe Mode etwas für euch sein. Hier schlüpft ihr in die Rolle eines beliebigen Superstars und kämpft euch in einer schon vorgefertigten Show an die Spitze der Company. Eure (Miss)Erfolge geben den Weg an und bestimmen, ob ihr größere Matches bekommt und am Ende sogar im Main Event der größten Stage des Jahres – WrestleMania, stehen dürft.
Be your own superstar
Ihr wollt eure eigene Geschichte erleben? Kein Problem! Im MyRise Modus könnt ihr eine von zwei Storylines mit euren komplett selbst gestalteten Star bestreiten. Als weiblicher Superstar startet ihr in „The Legacy“ als Nichte der Hall of Famerin Justine, die sich nun selber einen Namen im Ring machen möchte. In „The Lock“ spielt ihr einen männlichen Indie-Wrestler, der sich nun mit den großen messen möchte. In beiden Fällen habt ihr die Möglichkeit euch mit bekannte Gesichter zu verbünden oder sich gegen sie zu stellen.
Karten auf den Tisch
Eine ganz frische Erfahrung bietet hingegen MyFaction, welches das normale Gameplay mit dem Sammelkartenspiel WWE Supercard verbindet. Ihr könnt euch aus Packs eure Wrestler ziehen, eine kleine Fraktion zusammenbasteln, mit einem Manager die Moral und einige Kampfwerte verbessern und dann in verschiedensten KI oder Online-Partien Punkte sammeln um noch seltenere Karten zu ergattern. Das ganze ähnelt in gewisser Weise dem Ultimate Team Modus aus FIFA. Leider bietet 2K auch Microtransaktionen an, sodass ihr euch theoretisch auch mit Echtgeld die wertvolleren Kartenpacks kaufen könnt. Zwar ist hier der „Pay2Win“Faktor dank des vergleichsweise recht simplen Gameplays nicht sonderlich hoch, dennoch hinterlässt dies einen bitteren Beigeschmack.
Natürlich lässt es sich 2K auch nicht nehmen einen Season Pass und mehrere DLCs für das Spiel anzubieten. So sollen Besitzer des Season Passes bis August noch weitere Superstars freigeschaltet bekommen. Besonders ärgerlich ist es bei einem Produkt wie Wrestling, wo beliebte Superstars ggf. zur Entwicklung des Spiels noch nicht oder nicht mehr Teil des aktiven Rosters waren. Wer zum Beispiel mit Fanliebling The Fiend im Ring stehen will, der muss in die Tasche greifen. Zumindest offiziell.
Denn eine große Stärke des Spiels ist die Community, die mit vorhandenen Spiel-Assets bekannte Wrestler oder aber auch Figuren der Popkultur und Fantasiegestalten nachbauen können. Natürlich fehlen hier dann einige Dinge wie eine entsprechende Eintrittsmusik oder einmalige Moves, aber die Möglichkeiten der Gestaltung sind dennoch so groß wie noch nie.
More of the same, aber in besser!
Was die Spielmodi angeht, bietet WWE2K23 zwar nicht grundlegend etwas neues im Vergleich zum vorherigen Jahr, jedoch wurden alle Spielmodi weiter ausgebaut und bieten mehr als genug Abwechslung. Doch was ist denn mit dem Gameplay? Hier brilliert das Spiel, die Matches spielen sich so angenehm wie nie zuvor. Ein stimmiges Tutorial zu Spielbeginn bringt euch bei, wie ihr sowohl simple als auch komplexe Angriffsmoves ausführen können, die alle leicht von der Hand gehen. Aus Submission-Moves könnt ihr durch schnelles Drücken einer Taste entkommen. Je mehr ihr angeschlagen seid, desto schwieriger ist es. Pin Falls können durch zwei verschiedene „Minigames“ verhindert werden. In der von mir gewählten Form musste man den rechten Stick zum richtigen Zeitpunkt nach oben bewegen. Das Zeitfenster sinkt im laufe des Spiels immer weiter, es ist aber zu keinem Zeitpunkt unmöglich. Dies erlaubt es, wenn man konzentriert spielt, selbst aus den schwierigsten Situationen zu entkommen.
Es gibt auch Kritikpunkte. Abseits des Gameplays und der Spielerfahrung an sich hat das Spiel mit den gleichen Problemchen zu kämpfen wie die Vorgänger. Obwohl das Spiel teilweise wirklich sehr gut aussieht, sind Haare und einige Texturen immer noch in der Qualität der letzten Generationen hängen geblieben, zumindest bei einigen der Superstars. Dies fällt besonders stark auf, wenn man einen der größeren Namen wie Roman Reigns im Ring hat und dann einen aktuell nicht so beliebten, vielleicht auch einfach nicht mehr aktiven Star daneben stellt. Hier ist besonders ersichtlich, dass manche Gesichter eingescannt wurden, und andere mit dem Charakter-Creator erstellt wurden. Das Einscannen von Gesichtern kann man übrigens auch selber machen. So sehen viele Eigenkreationen der Community teilweise auch besser aus, als die vom Spiel integrierten Wrestler.
Auch im MyRise Modus, welcher eigentlich mit das Aushängeschild sein sollte, wurde Qualität eingespart. Zwischen den Matches habt ihr kleine Szenen, in der ihr in Ingame Engine mit anderen Superstars reden könnt. Und obwohl in 90% der Fälle die Charaktere nur rumstehen und sich ein Dialogfenster öffnen, sind Gesichts- und Körperanimationen dabei so schlecht und asynchron, dass diese schon vor zwei Spielgenerationen kritisiert worden wären. Verblüffend, wenn man bedenkt dass die Animationen im Ring vergleichsweise sehr sauber und natürlich sind.
Und auch wenn diese Szenen dann beim Spielen befremdlich wirken, schmälern sie nicht den Spaß den ich dann beim Hauptteil des Spiels hatte – nämlich dem Kämpfen im Ring. Und gerade in diesem Punkt kann man ohne zu Lügen behaupten, dass Entwickler Visual Concepts die WWE 2K Reihe auf ein neues Level gebracht hat.