Als Horrorspielfan wird man in den letzten Jahren vom grossen Teil der Spieledustrie ziemlich im Stich gelassen. Fast schon gegenteilig der Haltung zum Genre im Filmbereich, scheinen vor allem die großen AAA-Entwickler und Publisher Horror als eine Art Einschränkung zu sehen: Zu wenig Potenzial bieten die Spielmechaniken, die nicht zu komplex sein dürfen, zu limitiert sind die Welten, die pointiert und eher linear sein müssen, damit der volle Fokus des Spielers darauf liegt die Atmosphäre in sich aufzusaugen. Zu schwierig scheint es auch geworden zu sein den Spieler mit tiefgreifenden Bildern, Konzepten und Ideen dort zu berühren, wo er heutzutage zunehmend stumpfsinniger geworden ist. Horror scheint fast komplett aus dem AAA-Bereich verbannt zu sein, mit nur wenigen Ausnahmen von beispielsweise der Resident Evil-Reihe. Zu groß scheint der kreative Aufwandsbedarf, zu klein dafür der finanzielle Gewinn.
Allein deshalb bat schon seit Jahren der Indie-Bereich großes Potenzial für vor allem des Horrorgenre. Kleinere Entwicklerteams dürfen sich kreativ entfalten, es darf auch mal experimentiert werden, das Budget auch mal leichter ausfallen, weil schlicht eine Zielgruppe existiert, die dies wertschätzt und unterstützt. Doch auch hier ist natürlich die Ladung an Misserfolg und niedriger Qualität dementsprechend hoch. Leider gesellt sich dazu auch Camel 101s Those Who Remain.
Weniger kann mehr sein, aber auch nur manchmal
Those Who Remain entpuppt sich relativ schnell als eher banales Point-and-Click, First Person Spiel. Nach kurzer Einführung der Geschichte, die sogar anfangs einen relativ interessanten Eindruck zu machen vermag und auch nachher sich teilweise fast mit faszinierenden Ideen über Dimensionen und Realität/Surrealität über Wasser hält, wird aber schnell bemerkbar, dass hier nicht wirklich eine durchgehende Logik weder in der Geschichte noch in der Welt herrscht. Alles hier wirkt ohne Hand und Fuß, ohne Regel und Sinn, ohne eine Spur von Kohärenz, was wohl dem Versuch geschuldet ist ein möglichst außerweltliches, absurdes und unbegreifbares Bild für den Spieler zu kreieren. Die Geschichte, die sich größtenteils sehr platt von gefundenen Notizen erliest scheint nicht wirklich irgendwohin zu führen, noch besteht selbst in diesem Irrgarten ohne Ziel irgendeine Art von Katharsis für die Spieler oder den Protagonisten in der Geschichte. Jede Geschichte und/oder Welt muss ein Ziel oder zumindest einen narrative Basis haben, sowie, egal wie absurd und seltsam sie sein soll, ein System an Regeln und Sinn, nach welchen diese funktionieren. Those Who Remain besitzt dies trotz mancher interessanter Konzepte und Motive nicht, weshalb die erzählerische Struktur und die Welt völlig auseinanderfallen.
Dunkle Silhouetten der Langeweile
Genauso zerfällt das Gameplay in seine sehr archaischen Einzelteile und vermag nur sehr wenig Immersion oder Unterhaltung zu kreieren. Banales Laufen und Anklicken, illusionistische Entscheidungsfreiheit des Spielers, sind riesige Störfaktoren in einer an sich sehr tollen Atmosphäre. Das anfänglich doch intensive Gefühl von Unmut und fast schon Angst resultiert schnell in Augenverdrehen und Angenervtheit. Das simple und sehr konventionelle, aber doch effektive Konzept von «bleibe im Licht oder das Monster tötet dich» mag vielleicht zu Beginn wirksam sein, doch da es sich auch im Verlaufe der relativ kurzen fünf Stunden Spielzeit nicht wirklich weiterentwickelt, verläuft auch diese Spielmechanik schnell im Sande der Langeweile.
Das wohl grösste Problem jedoch, das Those Who Remain, besitzt, steckt in der Technik. Simple Spielmechaniken, ein tiefes Produktionsbudget, konventionelle Horrormotive, selbst mit all diesen Dingen kann ein Horrorspiel dennoch erreichen was es will, kurzweilige Angst und bleibende Momente zumindest für eine bestimmte Zeit. Jedoch muss dabei dann unbedingt die Präsentation stimmen. Die Visualität ist des Horrors wichtigster Faktor und genau hier versagt Those Who Remain auf voller Strecke. Statt greifbarer und dichter Atmosphäre, die den Spieler permanent in ihrem kalten Griff halten, stellt sich Those Who Remain zusammen aus wenigen intensiven Momenten gefolgt von vielen unbeeindruckenden, ja fast schon in ihrer Ernsthaftigkeit peinlichen Situationen, da die Präsentation schlicht diese Ernsthaftigkeit nicht stützen kann. Die blauäugigen Silhouetten verschwinden sehr steif sobald man das Licht anschaltet, generell gibt es enorm viele Beleuchtungsprobleme, worin ganze Areale schlicht in Dunkelheit verschwinden, weil das Spiel diese nicht richtig zu laden scheint. Darüber hinaus ist ebenfalls die Spielerführung durch die Level sehr unhandlich, mit hell aufleuchtenden Items und seltsamer Levelstruktur, so dass Verwirrung beim Spieler darüber herrschen kann, wo er denn nun langlaufen muss.