Die Popularität des Metroidvania-Genres stieg in den letzten Jahren, dank Spielen wie Hollow Knight und Axiom Verge, gewaltig an. Doch im Schatten der erfolgreichen Grünschnäbel stand in den letzten Jahren die charismatische Halb-Dschinn-Heldin Shantae, die nach einer vierjährigen Pause die Aufmerksamkeit völlig auf sich zieht. Shantae ist schon seit den Zeiten des Game Boys mit dabei und hat in der Zeitspanne einige Abenteuer auf allen bekannten Konsolen erlebt. Nach einer so langen Pause merkt man aber, dass der Dschinn aus der Übung gekommen ist.
Urlaub im Paradies
Nach ihrem letzten Abenteuer gönnen sich Shantae und Co. eine wohlverdiente Pause und fliegen ins Urlaubsresort, welches, passenderweise, den Namen „Paradise Island“ trägt. Während Shantaes Begleitung in der Sonne badet, probt sie für das Halb-Dschinn-Festival, wo sie, zusammen mit fünf anderen, weltweit bekannten Halb-Dschinns, eine grandiose Show aufführen soll. Als der große Tag also endlich gekommen ist, und die Halb-Dschinns ihr Bestes geben, um das Publikum zum Strahlen zu bringen, verschwinden alle auf mysteriöse Weise– alle bis auf Shantae selbst. Als Heldin macht sie sich also natürlich die Rettung der verschollenen Halb-Dschinn zur Aufgabe. Die Geschichte ist unglaublich simpel, passt sich aber thematisch und auch funktionell dem Spiel, dessen Verlauf und der Welt selbst an. Man selber ist auf die Antworten auf all die Fragen gespannt, auch wenn die Geschichte eher scherzhaft und unbeschwert ist.
Ein verkantetes Labyrinth
Neben dem bunten Urlaubsresort kämpft sich Shantae durch viele, verschiedene Areale auf Paradise Island. Große, dunkle Höhlen, Minen und versunkene Abteile bieten einen deutlichen und netten Kontrast zur Stadt oberhalb, der das Konzept der Gefahr praktisch unbekannt ist. Ein so diverses Angebot an Gebieten erschafft eine lebendige und glaubhafte Welt, in der man sich wirklich verlieren kann. Damit das aber überhaupt erst geschehen kann, muss eine genauso passende Umsetzung vorgegeben sein, die hier aber bei Shantae ganz klar fehlt.
Man mag meinen, dass der Aspekt Level-Design bei Videospielen des Metroidvania-Genres an erster Stelle steht. Es muss prägnant, ausdrucksstark und einzigartig sein, da man zwischen den einzelnen Gebieten durchgängig hin und her spaziert, wie es halt bei Metroidvania-Titeln so ist. Doch wenn, wie hier bei Shantae and the Seven Sirens, nahezu alle Untergebiete in den größeren Arealen gleich aussehen, ohne jegliche Wiedererkennungsmerkmale, wird aus dem Spaß des Erkundens schnell ein endloser Zwang, bei dem man den ein oder anderen Gähner herauslassen muss. Zusätzlich kann es einem sehr schwerfallen, die großen Areale auseinander zu halten, weil sie sich einfach so stark ähneln. Andere Konkurrenten im gleichen Genre haben großartige und wunderbare Welten, die man auch nach dem eigentlichen spielen im Gedächtnis behält. Das Level-Design kommt einem NES-Spiel nahe, was aber äußerst verwunderlich ist, da das Spiel dieses Jahr auf den Markt kam, nicht im Jahre 1986. In den 34 Jahren haben sich Videospiele drastisch weiterentwickelt, doch Shantae and the Seven Sirens scheint in einer Zeitkapsel steckengeblieben zu sein. Auch die Musik spiegelt diesen Gedanken wider. Sie springt zwischen modernen Kompositionen und klassischen Retro-Stücken hin und her, was der Konsistenz und Immersion des Spiels in einer gewissen Weise schadet.
Echsen, Schildkröten und Octo-Bohrer
Shantae ist nicht nur irgendein Halb-Dschinn, mit ihren Kräften kann sie sich in die verschiedensten Tiere verwandeln. Dieses Gameplay-Gimmick verleiht dem Spiel seinen eigenen Charm und ist auch wahrscheinlich seine größte Stärke. Die Transformationen erlauben es Shantae viel schneller durch die monoton aussehenden Höhlen zu reisen. Eine der ersten Transformationen, auf die Shantae stößt, verwandelt sie in eine putzige Eidechse, welche mit ihren klebrigen Füßchen die Wände hochklettern kann und zusätzlich einen schnellen Sprung nach vorne macht, der sehr stark an die Mega Man X-Serie erinnert. Von solchen Transformationen gibt es im Verlauf des Spiels jede Menge, und alle von ihnen fließen fast nahtlos ins Gameplay ein. Man merkt gar nicht mehr, dass man die Transformationen benutzt, weil man sich die Einsetzung dieser unterbewusst beim Spiele antrainiert.
Was aber jedem, der sich schon einmal mit Metroidvania-Spielen befasst hat, auffallen sollte, ist der absurd leichte Schwierigkeitsgrad des Spiels. Alle Gegner, auf die Shantae stößt, haben sehr eintönige Bewegungsmuster, die man schon nach dem ersten Treffen kennt und demnach auch leicht besiegt. Im Laufe des Abenteuers bleibt genau dieses Problem gleich, ganz abgesehen davon, dass man sich an vielen Stellen unendliche Heilungsitems ermogeln kann. Als krönender Abschluss erwarten euch die Bosskämpfe eines jeden Gebiets, die dem Ruf der bisherigen Gegner gerecht werden und praktisch keine Herausforderung darstellen.
Neben alldem gibt es hier ein brandneues Kartensystem, das, solltet ihr alle Karten eines bestimmten Gegners eingesammelt haben, Shantae besondere Fähigkeiten verleiht. Da die Karten aber sehr umständlich zu bekommen, und die Veränderungen so belanglos sind, vergisst man diese große Neuerung der Serie bereits nach der ersten Spielstunde.
Technik und Level-Design im Einklang
Obwohl sich das Spiel rein technisch gesehen ohne wirkliche Probleme spielen lässt, gibt es doch auffallende Kleinigkeiten, die einem die Lust am Spiel verderben. Zwischen geräumigeren Gebiete gibt es Ladezeiten, die teils schon bis zu 30 Sekunden andauern. Besonders merkwürdig ist hier vor allem, dass die mobilen Versionen des Titels kürzere Ladezeiten haben, als die der Nintendo Switch-Version. Die Ladezeiten sind vielleicht kein allzu großes Problem, bei einem Metroidvania aber, ein Genre in dem ihr gezwungen seid, zwischen den Ortschaften hin und her zu reisen, kann dies recht schnell sehr nervig werden.
Auch an einigen Animationen gibt es ein paar Macken, die den Spieler aus dem Spielgeschehen herausreißen. Sie wirken einfach unrein und teilweise sogar unfertig, was einfach nur schade ist, und dem heutigen Standard wohl kaum entspricht. Dazu muss man wohlgemerkt sagen, dass die genannten Kritikpunkte keine Hinderungsgründe sind, trotzdem aber muss man sich die Frage stellen, ob sowas einem 30€-Titel wirklich gerecht wird, wenn andere Konkurrenten auf dem Markt für die Hälfte des Preises viel mehr bieten, was zusätzlich doppelt so gut optimiert ist.