Das Prinzip der Nostalgie ist in den vergangenen Jahren zu einem beliebten Mittel der Unterhaltungsindustrie geworden. Die Wiederbelebung alter Franchises, sowohl in Spiel, als auch Film und Literatur, aber auch die Inspiration neuer Veröffentlichungen, durch diese alten Franchises, scheinen mittlerweile einen überraschend hohen Anteil der Planung von Spieldesign auszumachen. Oldschool-RPGs wie „Divinity: Original Sin 2“ in den Steam Topseller Charts, Reboots von vielen sehr alten Franchises, wie „Wolfenstein“, oder die grossartige Renaissance, die das Metroidvania- Genre gerade mit Spielen wie „Ori and the Blind Forest“ und „Hollow Knight“ durchlebt, wiederspiegeln diesen nostalgischen Drang der gegenwärtigen Spieleindustrie. Überraschenderweise ruhen sich diese Titel aber keinesfalls auf ihrem alten Charme aus, den sie aus vorherigen Veröffentlichungen übernehmen, sondern schaffen es dazu auch, kreative und innovative Modernisierungen ihres Gameplays oder ihrer Geschichten mitzubringen. Dem Spieler werden neue Ideen und Erfahrungen präsentiert, ohne dass er auf dieses wohlig melancholische Gefühl der Nostalgie verzichten muss. Die Erinnerungen an alte, bessere Tage, die damit geweckt werden, berühren uns zutiefst und binden uns emotional an diese Spiele. Diesem ganzen Trend schliesst sich nun auch Cuphead an.
Hervorragend simples Gameplay
Cuphead gehört zu den besonderen Platformern auf dem Markt. Das Spiel ist eigentlich weniger Platformer, als mehr eine Abfolge von Bosskämpfen, worin die Elemente eines Jump ‘n Runs reingemischt werden. Die vielen Bosskämpfe in Cuphead werden dazu noch hin und wieder mit klassischeren „Run and Gun“ Passagen, sowie weiteren speziellen Levels gewürzt, was dem ganzen Spiel einen zwar einfachen Aufbau, aber tolle Abwechslung gibt.
Cuphead entscheidet sich dazu, seine Mechaniken auf sehr simple Art zu gestalten. Es gibt nicht, wie in vielen anderen Platformern, vielzählige Fähigkeiten, womit alle Knöpfe auf dem Gamepad doppelt und dreifach besetzt sind. Die Steuerung reduziert sich auf eine Sprungtaste, eine Dash-Taste und Schiessen in acht verschiedene Richtungen, sowie einen Spezialschuss. Dies ist der Kern des Spiels, um das die komplexen Levels herumgebaut werden. Allein in den spärlich verteilten Flug-Levels gibt man dem Spieler eine etwas andere, aber dennoch auch hoch-intuitive Steuerung. Diese Einfachheit in seiner Kernstruktur unterstreicht das zentrale Konzept von Cuphead auf brillante Weise.
Wohlige Erinnerungen
„Nostalgie“ ist das Wort, was aus allen Poren von Cuphead spriesst und alle Elemente aus denen es aufgebaut ist, unterstützen genau dieses Stichwort.
Der Art-Style ist inspiriert von Cartoons aus den 30er Jahren und transferiert diese auf grandios authentische Weise. Jedes der vielen verschiedenen Hintergrundbilder, jeder kleine Gegner, jedes grossartige Bossdesign, erinnert an die tollen Disney- Cartoons mit denen man, selbst als noch junger Mensch, aufgewachsen ist. Die wunderbare Imperfektion jener handgezeichneten Animationen und deren Charme werden ohne jegliche Verluste in Cuphead aufgezeigt. Nicht selten erwischt man sich dabei, wie man einfach zum subtilen und alten Humor von Cuphead grinst. Das Gameplay ist herrlich simpel, besitzt aber gleichzeitig einen Schwierigkeitsgrad, der an vergangene, gnadenlose Spielezeiten erinnert. Die Musik ist laut und vordergründig, dabei aber mit so tollen Jazz- Harmonien besetzt, dass es viele Levelwiederholungen dauert, bis sie auch langsam ein wenig nervig wird. Eher schmälert sie das ohnehin schon kleine Frustrationsgefühl nur noch mehr. Die Musik bewirkt nicht selten, dass man mit den Schultern mitzuckt oder mit dem Fuss mitwippt. Allein die etwas langsameren, atmosphärischeren Melodien, können auf lange Zeit etwas anstrengend werden. Jedes Level besitzt ein einzigartiges Musik- Thema, was stark zur Einprägsamkeit der einzelnen Level und Bosse beiträgt. Natürlich ist die Musik auch dynamisch zu den Bosskämpfen.
Was die Story angeht, hält sich Cuphead ebenfalls an eine kleine, substanzlose Struktur, die mehr einfach eine Legitimation und Situierung der Charakter und Bosse und ihrer Handlungen vornimmt. Sie hat dennoch einen gewissen Charme, auch wenn sie sich nur im Hintergrund aufhält.
Warnung: Chaotische Bildschirme
Die Schwierigkeit gehört zu einem der Hauptmerkmale von Cuphead. Sie folgt aus der hohen Diversität und Variabilität der einzelnen Bosse und den enorm vielen Projektilen und Animationen, die gleichzeitig auf dem Bildschirm ablaufen. Davon kann auch jede einzelne tödlich für den Spieler sein. Vergleiche mit Bullet- Hell Spielen sind hier angebracht. Dies übertreibt Cuphead vor allem in den späteren Stages etwas. Manchmal schiesst die Anzahl Elemente, auf die man gleichzeitig achten muss in unzutrauliche Höhen. Einen hohen Teil trägt dazu auch der variierende Zufälligkeitsfaktor der Projektile und Bossattacken bei. Dies wird bei manchen Spielern sicherlich Frust auslösen, bei genug Lernzeit für die Bosse, sowie einer Prise Talent, sollte das aber kein enormes Problem darstellen. Das soll aber nicht heissen, das Cuphead ein leichtes Spiel wäre. Denn das ist es mit Sicherheit nicht. Man könnte sogar soweit gehen und sagen, dass es wohl das schwerste und gnadenloseste Spiel des Jahres.
Somit wäre auch schon angesprochen, was man hauptsächlich bei Cuphead macht. Man lernt die Attacken der Bosse, die Positionen der kleineren Gegner und wie man mit ihnen am besten umgehen kann. Dies erfordert meist viele Tode und Wiederholungen der Level. Dadurch ist eine gewisse Frustresistenz bei Cuphead sicherlich gefordert. Der Frustlevel wird aber stets von Musik, Charme, Grafik und den simplen, aber zu gewissen Massen süchtig-machenden Gameplaymechaniken stark geschmälert. Allein die teils etwas unklaren Hitboxen vermögen selbst die ruhigsten Menschen zu nerven.
Zuletzt gilt zu erwähnen, dass sich die Kürze von Cuphead ebenfalls in der Spiellänge wiederspiegelt. Cuphead ist ein sehr kurzes Spiel. Bei einer moderaten Anzahl Versuche, die für ein Level benötigt werden, dauert das Spiel nicht länger als 8 Stunden. Natürlich variiert dies von Person zu Person, mit jeweils verschiedener Spielweise und Lernkurve. Es fällt aber doch schwer, diese Kürze negativ zu sehen. Cuphead besitzt keine überflüssige Inhaltsfüllerei, wofür viele grosse Jump `n Runs bekannt sind. Lieber ein kleiner, polierter Diamant, als ein grosser, grober Stein.