Die preisgekrönte Zeichentrickserie Adventure Time, welche seit 2010 von den Cartoon Network Studios produziert wird, nähert sich mit der aktuellen zehnten Staffel dem Finale. Neben den zahlreichen Folgen, einigen Comics und einem bisher nur angekündigten Plan für einen Film erschienen natürlich auch Videospiele zu den Abenteuern von Finn und Jake.
Ende 2017 kündigten Bandai Namco und Outright Games mit Piraten der Enchiridion ein neues Spiel zur Serie mit offener Welt und vielen Geheimnissen zu entdecken an, welches am 17. Juli 2018 in Amerika und drei Tage später weltweit für alle Konsolen und den PC erschien.
Nachdem Finn und Jake eines morgens auf offenem Gewässer aufmachen, finden beide schnell heraus, dass der Eiskönig Simon ausversehen das ganze Eiskönigreich geschmolzen hat und das Land von Ooo nun Unterwasser steht, macht sich das ikonische Duo auf die Suche nach der Krone des Eiskönigs Simon, um das Missgeschick rückgängig zu machen.
Von Detailverliebtheit und Leere
Auf eurer Suche nach der Krone bereist ihr bekannte Königreiche und trefft auf eure Lieblingscharaktere. Während die Ortschaften mit ihren Details und originalgetreuem Design überzeugen, Dialoge mit bekannten Charakteren geben ein Gefühl wie direkt aus der Serie und dazu sind die Interaktion innerhalb der spielbaren Gruppe sehr dynamisch an. Leider fühlen sich die Abschnitte zwischen den einzelnen Orten eher wie eine große Leere an, die zwar hier und da mit Items oder Gegnern gefüllt ist, aber eher nur den Eindruck einer offenen Welt erzeugen sollen. Die Ortschaften die man tatsächlich erkunden kann sind zudem nur von einer Stelle aus erreichbar und umliegende Inseln sind von unsichtbaren Mauern umgeben, was die Illusion einer freien Spielwelt wieder zerstört.
Strategisch mit Freunden
Die Kämpfe bestreitet ihr in einem rundenbasierten System, welches euch die Wahl zwischen Angreifen, Verteidigen, das Nutzen von Items und Spezialangriffen lässt. Letztere kosten euch Punkte, die ihr mit jeder vorangeschrittenen Runde bekommt. Zudem hat jeder Charakter noch einen einmaligen, ultimativen Angriff, der ebenfalls aufgeladen werden muss. Dies geschieht durch erfolgreiches Angreifen, Blocken oder durch das Erfüllen bestimmter Bedingungen. Ein erfolgreicher Kampf bringt euch unter anderem Erfahrungspunkte, die euch Angriffe freischalten und die Möglichkeit geben, eure Statuswerte zu verbessern. Hierfür braucht ihr Geld, welches ihr durch das Gewinnen von Kämpfen, das Erledigen von Nebenaufgaben oder dem Zerstören von Objekten erhalten könnt. Dies geschieht recht schnell, so dass ihr euch schon sehr früh recht stark machen könnt. Items, welche ihr auch in Objekten finden oder alternativ kaufen könnt, stärken euch ebenfalls und sorgen sehr schnell dafür, dass ihr nicht stark gefordert werdet.
Während ihr am Anfang noch in einer kleinen Gruppe unterwegs seid, findet ihr im Laufe des Spiels weitere Begleiter, die alle ihre einzigartige Fähigkeit nutzen können, um neue Orte zu entdecken oder Gegenstände zu erlangen. Während sich Jake in ein Mofa verwandeln kann, damit ihr etwas schneller unterwegs sein könnt, bietet euch Marceline die Möglichkeit große Schatztruhen zu öffnen, die wertvolle Gegenstände enthalten. Zusätzlich gibt es zwischen den Missionen noch eine „Verhörungszeit“, in der ihr in bekannter „good cop, bad cop“ – Manier mit der richtigen Reaktion auf die Dialoge der Charaktere antworten müsst. Eine Fehlentscheidung bringt euch dabei keinerlei Nachteile, so dass dieser kleiner Modus lediglich zum Spaß an der Interaktion dient und sonst keine weiteren Auswirkungen hat.
Technisch ungenügend
Während man inhaltlich sicherlich seinen Spaß findet und man als Freund der Serie unglaublich viel Fanservice geboten bekommt, fühlt sich das Spiel technisch teilweise sehr unfertig an. So hat man in manchen Bereichen durchgängig eine Framerate von unter 30 FPS oder komplette Bildhänger, während es sich woanders butterweich spielen lässt. Gerade bei Sprungpassagen führt die dadurch schwammige Steuerung zu nervigen Momenten. Aufpoppende Objekte in nächster Nähe und teilweise abstrus lange Ladezeiten, auch zwischen eigentlich zwei verbundenen Bereichen, reißen einen zusätzlich aus dem Spielfluss und brechen die Illusion der offenen Welt erneut. Auch beim Start eines Kampfes werdet ihr mit einem längeren, eher lieblos gestalteten Ladebildschirm begrüßt, während ihr im Hintergrund bereits die Sounds des bereits gestarteten Kampfes hört. Getestet wurde hier die Xbox One Version, doch berichten Spieler auf anderen Plattformen ebenfalls von ähnlichen Problemen. Die Nintendo Switch Version ist von den Ladezeiten besonders stark betroffen, so dass ein wirklich frustfreies Spielen kaum möglich ist.
Fazit
Adventure Time: Piraten des Enchiridion macht grundsätzlich alles was man von einem Lizenzspiel haben möchte. Spieler bekommen verschiedene Schauplätze der Welt vorgesetzt und dürfen dabei mit bekannten Charakteren interagieren. Dank der grandiosen Synchronisation mit den englischen Originalstimmen und vielen Witzen und Insidern aus der Serie fühlen sich einige Momente an, als würde man eine Folge schauen. Das simple Gameplay ist für jeden sofort begreifbar und schnell gemeistert. Der recht geringe Content ist aufgrund des Preises verschmerzbar, da auch hier wieder die Detailliebe punkten kann. Die technisch schwache Umsetzung hingegen ist leider nicht schön zu reden und selbst der Patch zum Erscheinungsdatum brachte nur geringfügige Besserungen. Das Spiel fühlt sich deswegen oft unfertig oder gar wie aus einer älteren Generation an. Wenn dies noch nachgebessert wird, hätte man mit diesem Titel eine der besseren Videospielumsetzung zu Adventure Time. Hardcore-Fans werden, wenn Sie sich von der Technik nicht stören lassen und sich komplett in der Welt verlieren können, sicherlich nichts bereuen.