Die Einleitung dieser Review hätte verschiedene Wege einschlagen können. Einerseits hätte man über die grandiose Technik und Grafik des Titels reden können, welcher wohl, zusammen mit Bluepoints Demon‘s Souls, alleine auf der Spitze des Berges steht. Andererseits hat Insomniac das Gameplay-Prinzip nahezu perfektioniert. So hat man mit Ratchet, Rivet und Clank ein solides Fundament, welches mit jedem Planeten um einen ganzen Baustein erweitert wird. Bestimmt hätte man aber auch die warme, und im Großen und Ganzen betrachtet, simple Thematik der Freundschaft in den Blick nehmen können. In Realität übertrifft aber kein einzelner Aspekt den anderen.
Das neueste Kapitel in den Abenteuern Ratchet & Clanks fängt überraschenderweise ohne Abenteuer an. Stattdessen schmeißt Captain Qwark eine prahlerische Feier, inklusive Parade, für das ikonische Duo. Ratchet aber zweifelt an sich selbst und Clank, da die beiden schon lange nichts Heldenhaftes vollbracht haben. Wie er selbst vermerkt, seien sie für eine lange Zeit im Ruhestand gewesen. Aus Höflichkeit aber lassen sich die eingerosteten Helden feiern und nehmen dabei an Qwarks Spektakel teil, welches Ratchet & Clank einige prägende Momente ihrer gemeinsamen Vergangenheit wieder erleben lässt. Am Ende des Kurses hält Clank eine rührende Rede und schenkt Ratchet ein sehr wichtiges Geschenk: den Dimensionator. Mit dem Dimensionator soll Ratchet andere Dimensionen bereisen, um seine restlichen Artgenossen treffen zu können. Wie es das Schicksal aber so will, greift genau dann Dr. Nefarious ein und unterbricht den emotionalen Moment des Duos. Zusammen springen sie von einem aufblasbaren Maskottchen zum Nächsten. Bei Nefarious angekommen kündigt der schmächtige Held an, sich selbst und das Duo in eine Dimension zu bringen, in der Nefarious immer siegen würde. Die exzessive Nutzung des Dimensionators schafft eine Instabilität, was dazu führt, dass überall lilafarbene Portale auftauchen und die Welten ineinander verschmelzen. In der sogenannten „Nefarious City“ werden Ratchet und Clank voneinander getrennt, während Dr. Nefarious sich den Platz des beschäftigten Imperators unter den Nagel reißt. Ratchet versucht Clank wiederzufinden, während Clank zusammen mit Rivet unterwegs ist und versucht, das Phasenquarz des Dimensionators wieder einzusammeln. So sind unsere beiden bekannten Helden getrennt und bereisen die unterschiedlichsten Schauplätze einer fremden Galaxie, um das Gleichgewicht wiederherstellen zu können.
Das Gefühl eines grandiosen Abenteuers vermittelt Insomniac Games mittels eines Arsenals, das stetig wächst und den Spieler mit jeder Waffe aufs Neue überrascht. Die klassische Blaster-Pistole ist fast so ikonisch wie Ratchet und Clank selbst. Wer vorige Titel der Ratchet und Clank-Reihe gespielt hat, weiß, dass die Blaster-Pistole die Starter Waffe schlechthin ist. Wer es aber ein bisschen aufregender mag, kann sich auf Waffen wie den Verpixler, Bohrhund oder aber auch auf den Todes-Handschuh stürzen. Der Verpixler verpasst euren Gegnern einen Retro-Look, der sie aber auch gleichzeitig schwächt. Um den Gegnern dann endgültig einen Todesstoß zu versetzen, könnt ihr mit dem Bohrhund merkwürdige Hybride aus Hund, Roboter und Bohrer abfeuern, die sich einen Weg durch die Erde bahnen, bis sie bei ihrem Ziel angekommen sind. In Kämpfen gegen die immer wiederkehrenden Weltraumpiraten sind Ratchet, Clank und Rivet meist völlig ausgelastet. Mit dem Todes-Handschuh können die Lombaxe jedoch angriffslustige Schicksalsagenten freisetzen, die alles, was ihnen im Wege steht, in viele kleine Stücke beißen. Das sind lediglich drei Waffen aus einem vielfältigen und ausgiebigen Arsenal. Die Nutzung einzelner Waffen kann schnell eintönig werden, allerdings fängt der Spaß erst richtig an, sobald man verschiedene Waffen-Kombi ausprobiert und jede Situation mit der Nutzung so vieler Knarren wie nur möglich angeht. Insomniac fordert diese Spielweise, da die Gegnerhorden euch schnell überrumpeln, wenn ihr euch auf eine einzige Waffe verlasst. Zusätzlich lässt euch Mrs. Zurkon eure Waffen verbessern, was in vielen Fällen bemerkbare Unterschiede und Verbesserungen freischaltet. Anfangswaffen wie die Blaster-Pistole rücken später somit nicht in den Hintergrund, da sie mit Upgrades wie dem Dreischuss durchaus noch einen gewissen Wert im Gefecht haben.
Während die Auswahl an Waffen erfrischend ist, kommen Gegner-Varianten, besonders Bosse, viel zu kurz. So kämpft man gegen Weltraumpiraten, Nefarious-Soldaten und hin und wieder gegen einheimische Kreaturen. Einerseits ergibt dies, im Anbetracht der Geschichte, Sinn, da der Nefarious dieser Dimension ein Imperator ist und alles und jeden unterwürfig macht und gemacht hat. Trotzdem verliert man das Gefühl eines Abenteuers, wenn man den gleichen Gegner auf einem völlig anderen Planeten sieht. Bei den Gegnern kann man ein Auge zudrücken, wo es aber unübersehbar wird, ist bei den Bossen des Spiels. Anfangs sind die Bosse eindrucksvoll: ein Kampf gegen Nefarious in der Metropole oder ein riesiger Roboter, der direkt aus Horizon: Zero Dawn hätte stammen können, der die Natur eines ruhigen Planeten verwüstet. Später jedoch sind die meisten Bosse stämmige Nefarious-Roboter, die in verschiedenen Farben, mit den kleinsten Änderungen, immer wieder auftauchen. Insomniac hätte die Bosse vielfältiger und spannender gestalten sollen, da das Fundament mit den Planeten und Schauplätzen, von denen manche äußerst tiefgehende Hintergründe und Geschichten haben, bereits gegeben ist. Der erste richtige Schauplatz des Spiels ist Nefarious City, was anfangs bestimmt ein Schock für Ratchet & Clank-Fans ist. Der lächerliche Dr. Nefarious hat es in diesem Universum weit gebracht und die gesamte Galaxie erobert. Nefarious City zeigt den Narzissmus des Imperators, gleichzeitig demonstriert es aber auch auf eine sehr effektive Weise, das dies ein völlig anderes Universum ist. Nefarious City ist eine klassische Dystopie: überall vergoldete Statuen des autoritären Herrschers, eine Bande von Revolutionären, die in den Schatten versucht, das Regime zu stürzen und eine omnipotente, übertrieben euphorische Stimme, die es irgendwie schafft, die 23-Stunden-Zwangsschicht der Fabrikarbeiter gut zusprechen, da die Produktion ja um das doppelte gestiegen sei. Spätere Welten setzten nicht mehr viel auf nette Hintergrundinformationen wie Nefarious City, was dem Gesamtprodukt nicht wirklich schadet, aber dennoch enttäuschend ist.
Neben den rasanten Schusswechseln ist Ratchet & Clank: Rift Apart aber ebenfalls ein traditioneller 3D-Plattformer mit mehreren Sammelobjekten, üblichen Jump ‘n’ Run-Abschnitten und vielfältigen Orten, die es zu erkunden gilt. Besonders die Sammelgegenstände in Rift Apart gehören zu den Besten im Genre. Von ihnen gibt es nicht unzählbar viele, sondern eine gemäßigte Anzahl, die dafür aber einen wirklichen Mehrwert bietet. Die Spionenbots zum Beispiel geben immer einen Hintergrund zu den Planeten, auf denen man sie findet. Die Gold-Bolts schalten spaßigen und amüsante Extras frei, wie zum Beispiel andere Skins für Waffen oder einen Modus, der die Größe der Köpfe verändert. Zusätzlich gibt es aber auch Lorbs, die die Geschichte der Lombax erzählen und verschiedene Rüstungen, die Ratchet und Rivet tragen können. Insomniac implementiert Sammelgegenstände, die sich nicht wie Sammelgegenstände anfühlen. In diesem Ableger beschränkt sich das Arsenal des Duos aber nicht nur auf Schießeisen. Mit verschiedenen Apparaten gewinnen Ratchet & Clank graduell neue Gadgets, die das grundlegende Gameplay einfach nur bereichern. Ein besonderer Apparat, der definitiv heraussticht, sind die Hoverstiefel. Der Planet, auf dem man die Hoverstiefel zum ersten Mal benutzt und findet ist riesig und offen. Ratchet muss er ein paar Mal beschleunigen, bevor er durchstartet und mit einer außergewöhnlichen Geschwindigkeit über die Landschaft schwebt. Mit den Hoverstiefeln ist Insomniac auf Gold gestoßen. Die Stiefel, wie auch andere Apparate, werden dem Duo nach dem Planeten des Erhalts nicht weggenommen, weswegen man mit ihnen in den verschiedensten Situationen, auf den verschiedensten Planeten herumexperimentieren kann. Hin und wieder werden die Lombaxe unterbrochen und Clank kommt als spielbarer Charakter an die Reihe. In Clanks eigenen Sektionen geht es weniger ums präzise Springen oder um knallige Gefechte. Die Intelligenzbestie schlüpft in Dimensionsfalten, um dort der Lösung des interdimensionalen Problems näher zu kommen. Diese Rätsel sind nicht besonders schwer oder knifflig, dennoch bieten sie eine nette Abwechslung zum üblichen Gameplay und brechen die Schleife auf.
Ein gigantisches Versäumnis ist das Zusammenspiel der Protagonisten des Spiels, Ratchet und Rivet. Beide Charakter sind die dimensionalen Gegenstücke des anderen und spielen sich leider auch so. Erstmals hat die Serie einen anderen Lombax als spielbaren Charakter, weswegen man erwarten könnte, dass Rivet ihre eigenen einzigartigen Facetten mit sich bringt. Allerdings ist dem nicht so. Rivet spielt sich genau wie Ratchet und führt auch die gleichen Apparate mit sich, auch wenn Rivet zum Beispiel selbst nie Hoverstiefel findet. Rivet besitzt auch die gleichen Rüstungen, Waffen und Upgrades wie Ratchet, auch wenn sie diese Waffen oder Upgrades selbst nie von Mrs. Zurkon erworben hat. Den Aspekt der anderen Dimension hätte man besonders mit Rivet und ihrem Arsenal hervorheben können und ihr Waffen geben, die man in der Serie bisher noch nicht gesehen hat und man in zukünftigen Ablegern auch nicht sehen würde, weil es eben ein Charakter aus einer fremden, anderen Dimension ist.
Wie man der Einleitung bereits entnehmen konnte, ist Ratchet & Clank: Rift Apart ein wahrer Augenschmaus und einer der Titel, der wirklich ein Gefühl der neuen Generation vermitteln kann. Wer sich an die erste Demo des Spiels erinnert, die im Juni des letzten Jahres zusammen mit der PlayStation 5 vorgestellt wurde, wird feststellen, dass sie im finalen Spiel fast 1:1 vorhanden ist. Hier wurde nichts schöner dargestellt, als es eigentlich ist. Es fängt mit dynamischen Schauplätzen an und vernachlässigt diese visuelle Finesse nicht eine Sekunde lang. Besonders in den Zwischensequenzen sieht Rift Apart wie ein moderner Pixar-Film aus, den man sonst nur auf der großen Leinwand sehen würde. Lustigerweise kommt es auch oft dazu, dass man auf das Ende einer Zwischensequenz wartet, um weiterzuspielen, obwohl die Zwischensequenz nahtlos ins Gameplay übergegangen ist und man nun staunend vorm Fernseher sitzt. Das cinematische Gefühl wird von dem orchestralen Soundtrack untermalt, der dem Titel ein hochwertiges Gefühl verleiht. Visuell hat Ratchet & Clank: Rift Apart bis jetzt kaum Konkurrenz.
Dennoch hat Ratchet & Clank: Rift Apart trotzdem viele technische Probleme. Oft wird man beim Springen von unsichtbaren Wänden unterbrochen oder gelangt an Stellen, die nicht erreichbar sein sollten, aber leider so aussehen. Die verschiedenen Gadgets, wie die Hoverstiefel, sollen an sehr vielen Stellen ohne Zweifel nicht zur Benutzung kommen, da sie nicht für die verschiedenen Level konzipiert wurden. Was oft passieren kann, ist, dass man eine Stelle sieht, die allerdings weit entfernt ist und man dort mit den Hoverstiefeln versucht hinzuschweben. Dies führt in den meisten Fällen aber einfach dazu, das man aus der Welt fällt oder während dem Flug zurückgesetzt wird. Bei einem Spiel, welches in so vielen Aspekten poliert und präsentierbar wirkt, sind dies wirklich unschöne Kanten.