Ganze vier Jahre ist es her, seitdem wir gemeinsam mit Joker und den Phantomdieben Tyrannen in Tokio entlarvt haben. „Persona 5“ ist ein moderner Klassiker und mittlerweile ist das Franchise zu einem JRPG-Urgestein geworden. „Persona 5“ hat die Messlatte für die Reihe enorm hoch gelegt, besonders nach Persona 5 Royal, welches letztes Jahr unzählige Top-Bewertungen absahnen konnte. In Zusammenarbeit mit Koei Tecmo bringt ATLUS nun „Persona 5 Strikers“ auf den Markt, welches uns auf eine weitere Reise mit den Phantomdieben einlädt, diesmal aber mit einem Twist. Entwickelt im Hause Koei Tecmos ist das Spiel ein Action-Spiel, im Stil der Warriors-Reihe. Nicht nur die Phantomdiebe zeigen eine Entwicklung, auch das Warriors-Prinzip wird mit „Persona 5 Strikers“ völlig neu definiert.
Einmal quer durch Japan
Nach einem turbulenten Jahr und ruhigen sechs Monaten treffen sich die Phantomdiebe in alter Manier, und planen ihren Trip für die Sommerferien. Zusammen mit den Phantomdieben auf Dachboden des Leblancs zu sitzen, wo sie scherzen und sich von ihren Leben erzählen, fühlt sich an, als würde man mit alten Freunden reden. Sie haben sich verändert und steigen langsam, aber sicher, ins Erwachsenenleben auf, sind jedoch im Grunde genau so, wie man sie in Erinnerung hatte. In den vorigen sechs Monaten hat eine neuer virtueller Assistent in Japan die Runde gemacht. Die „EMMA“-App darf auf dem Smartphone nicht fehlen. Nachdem alle die App installiert haben, gehen Ren, Ryuji und Morgana auf einen Einkaufsbummel – mithilfe der EMMA-App, versteht sich. Das Trio trifft auf den aufsteigenden Idol-Star Alice Hiiragi. Da Ryuji ein Fan ist, und nun mal nicht anders kann, vergisst er den Einkauf, und eilt Alice hinterher. Sie verteilt kleine Kärtchen, die ihr EMMA-Passwort enthalten. Mit einem EMMA-Passwort kann man der Person, die es herausgegeben hat, eine Freundschaftsanfrage schicken, und wie es der Zufall so will, bekommt auch Joker Alices Passwort. Als er es danach in seine App eingibt, und Ryuji, von Eifersucht erfüllt, zuschaut, sieht sich das Trio von dem einen Moment auf den anderen in ihren exzentrischen Phantomdieb-Outfits. Das Metaverse und die Paläste sind, wie nach dem Ende von Persona 5, fort. Was die Diebe hier betreten haben ist ein Gefängnis. Jedes Gefängnis ist das zu Hause eines Monarchen, der Schattenversion einer echten Person. Innerhalb der Gefängnisse stehlen sie Monarchen die Begierden der Menschen, was bedeutet, dass die Menschen in der echten Welt praktisch zu stupiden „Zombies“ werden. Der Unterschied zu den Palästen und ihren Herrschern liegt aber darin, dass die echten Versionen der Monarchen von ihren Fähigkeiten wissen und bewusst Begierde, nach Begierde stehlen. In Zusammenarbeit mit der Public Security und einer künstlichen Intelligenz, die sich selbst als „Begleiter der Menschheit“ sieht, geht es für die Bande durch ganz Japan.
Im Laufe der Handlung trifft Joker auf viele, verschiedene Monarchen, die alle in irgendeiner Weise einen Bezug zu den Mitgliedern der Phantomdiebe haben. Da „Persona 5 Strikers“ rund sechs Monate nach dem Originalen „Persona 5“ spielt, hatten die Charaktere viel Zeit, die Ereignisse des vorigen Jahres auf sich sitzen zu lassen und sich weiterzuentwickeln. Dieses Zusammenspiel der neuen Monarchen, und der eingeschweißten Phantomdiebe zeigt, dass die Ereignisse aus „Persona 5“ weiterhin einen Einfluss haben, und die Charaktere immer noch für das einstehen, was sie in dem letzten Jahr gelernt haben. Die Figuren werden ausgearbeitet und konkretisiert, und einige von ihnen bekommen mehr Screen Time, wie zum Beispiel Haru. Man könnte „Persona 5 Strikers“ als Epilog zu „Persona 5“ sehen, da die Entwicklungen der einzelnen Mitglieder und deren Einbindung in die neue Geschichte raffinierte Bezüge zum Vorgänger aufbauen.
Leider kommen die Monarchen, und deren Gefängnisse oft ein bisschen zu kurz. Da dies kein Haupttitel der Persona-Reihe ist, war zu erwarten, dass es nicht den gleichen Umfang bieten würde. Das merkt man in den Gefängnissen, die kürzer als Paläste sind und somit auch schneller abgehandelt werden. Größtenteils stört die Länge nicht, doch bei ein paar der Monarchen wäre eine etwas mehr Zeit löblich gewesen. Manche Monarche werden einfach viel zu schnell beiseite geschoben, obwohl sie viel Potenzial haben, und mit mehr Inhalt wohl interessanter geworden wären.
Die Gefängnisse selbst sind aber genauso toll wie die Paläste in „Persona 5“. Jedes Gefängnis sieht anders aus, und passt sich seinem Monarchen an. Aufgrund der Natur der Gefängnisse sind sie viel größer als Paläste, und umfassen hier meistens das ganze Zentrum einer Stadt. In jedem Gefängnis treffen die Phantomdiebe auf neue Gefahren, Gegner und Spielereien, was das Erkunden jener besonders spaßig macht. So hängt man sich in einem Gefängnis an mechanischen Haken, die die Phantomdiebe von A nach B bringen. In einem weiteren Gefängnis greifen die Phantomdiebe oft zum Snowboard, um gefährliche Abhänge zu überwinden. Der Kreativität wurde hier freien Lauf gelassen und es ist ziemlich offensichtlich, dass die Entwickler hinter dem Titel Spaß dabei hatten. Dass es sich hierbei um einen Hybriden aus Warriors und Persona handelt, merkt man besonders am Level Design. Sie sehen grandios aus, keine Frage, allerdings ist vieles davon von offenen Flächen geplagt, was der Erkundung natürlich schadet. Auch an den Puzzles aus dem Original wurde in den Gefängnissen gespart, da die meisten von ihnen ohnehin nach einem Tag im Spiel erledigt sind. Dieser Hybrid funktioniert, leider aber nicht besser als die Paläste in „Persona 5“. Dieses gleiche Phänomen lässt sich in den verschiedenen Städten wiederfinden, in denen die Phantomdiebe ihr Unwesen treiben. Kyoto, Okinawa und unseres bekanntes Shibuya sind alle wundervoll gestaltet und mit klassischer Persona 5-Musik unterlegt, fühlen sich aber im Großen und Ganzen leer an, da sie nicht mehr darbieten, als ein paar Läden, und NPCs mit denen man sprechen kann.
Stylisch und dynamisch zugleich
Wo Koei Tecmo aber besonders mit „Persona 5 Strikers“ punkten kann, und der Hybrid aus Warrios und Persona am stärksten glänzt, ist im Gameplay. Im Gefängnis von Shibuya werden die Phantomdiebe erstmals der neuen Gameplay-Mixtur ausgesetzt. Da es sich an der Warriors-Reihe orientiert, hat jeder der Diebe rasante, auffällige und explosive Combos. So führt Joker neben seinem Messer auch seine Pistole, die er, zwischen den akrobatischen Messerstichen, abfeuert. Joker ist stylisch wie eh und je. Neben den üblichen Combos, die meist aus zwei Tasten bestehen, gibt es die Persona-Fähigkeiten. Jedes Mitglied hat seine reguläre Persona, mit ihren normalen Elementen. Ann spezialisiert sich zum Beispiel auf Feuer, während Makoto Meisterin des Nuklearschadens ist. Zusätzlich gibt es die Übergaben, die die nächsten Angriffe verstärken, die ikonischen All Out Attacks und Showtime-Skills, die wohl die mächtigsten, und stylischsten Attacken im Spiel sind. Neben ihren Persona-Fähigkeiten, können die Charaktere erstmals die Umgebung benutzen, um ihren Feinden den Garaus zu machen. Es erinnert an die akrobatischen Moves der Diebe, die man oft in den Zwischensequenzen zu Gesicht bekam. Fans werden sich besonders darüber freuen, das man nun die Kontrolle über jedes Mitglied der Diebe übernehmen kann, innerhalb, und auch außerhalb des Gefechts, und jeder spielt sich komplett anders. So ist Joker die Wildcard, mit zahlreichen Personas und Skills. Yusuke ist ein Meister des Katanas, der mit seinen eisigen Hieben viel Schaden verursachen kann, und zusätzlich Angriffe Kontern kann. Makoto kann mit ihrer Motorrad-Persona, Johanna, alle Gegner niedermähen. Außerdem kann man die Gefängnisse nicht nur als Joker erkunden. Ihr könnt mit eurem Lieblingsdieb durch die, von Schatten gefüllten, Gefängnisse in diebischer Manier von Hindernis zu Hindernis springen. Diese Liebe zu den Charakteren findet sich in allen Animationen und in ihren Movesets wieder. Die Zusammenarbeit von Omega Force und P-Studio lässt sich hier mehr als nur sehen, da sie das Konzept des rundenbasierten Personas wirklich perfekt und nahtlos zu einem Action-basierten Kampfsystem umgewandelt haben. Das Spiel bietet viele Tutorials, um wirklich zu verstehen, was man eigentlich macht. Wer aber zuvor Persona 5 gespielt hat, wird sich hier hundertprozentig wohlfühlen.
Persona ist aber für mehr als nur Kämpfen bekannt. Es ist beliebt, weil eine phänomenale Balance aus Alltagsleben und Schatteneliminierung herstellt. In „Persona 5 Strikers“ findet man dies auch vor, allerdings viel linearer, als man es gewohnt ist. Das Confidant-System aus „Persona 5“ gibt es hier nicht, auch einen Ersatz dafür findet man nicht vor. Einerseits ergibt es Sinn, da wir die Charaktere bereits kennen, und die neuen Figuren viel mit der Handlung zu tun haben, trotzdem fehlt aber dieses gewisse etwas, was die Persona-Spiele von ihren Shin Megami Tensei-Eltern abhebt. Zum Glück aber gibt uns das Spiel viele Szenen zwischen den Gefängnissen, die die Phantomdiebe auf ihrem Ausflug durch Japan zeigen. In diesen Gruppenereignissen wächst die Bindung der Diebe untereinander, was uns wiederum Punkte schenkt, um Fähigkeiten aufzuwerten, wie physischen Schaden, oder magischen Schaden.
An der Technik gibt es kaum etwas auszusetzen. Die Nintendo Switch-Version hat längere Ladezeiten als die PlayStation 4-Version, was aber wohl kaum überraschend ist. Die längeren Ladezeiten stören nicht, da es sich bei ihnen um ungefähr zwölf Sekunden handelt. Aufgrund des fehlendes Antialiasings sehen Sachen, je weiter sie entfernt sind, kantiger aus. Glücklicherweise gibt es kaum, bis gar keine Framedrops, während das Spiel konstant 30 Bilder pro Sekunde aufrechterhält.
Der extravagante, und ikonische Stil von „Persona 5“ findet sich in fast allen Aspekten des Spiels wieder. Sei es der grandiose Soundtrack, der den Jazz aus „Persona 5“ mit dem imposanten Rock der Warriors-Reihe verbindet, oder die Menüs, die wieder einmal unglaublich einzigartig aussehen. Persona-Fans werden in den ersten Stunden ein Grinsen auf dem Gesicht haben, dass sie so schnell erstmal nicht wegbekommen. Die englischen Synchronsprecher liefern erstklassige Arbeit, und haben unendlich viel Spaß mit ihren Rollen. Viele Stücke des originalen Soundtracks machen ihr Comeback in „Persona 5 Strikers“, und zudem spielt sich die erste große Arc des Spiels in Tokio ab, wo wir hunderte von Stunden in Persona 5 verbringen konnten. Die Liebe zum Universum, und zu „Persona 5“ des Entwicklerteams macht sich hinter jeder Ecke des virtuellen Japans bemerkbar.
„Persona 5 Strikers“ ist ein herzergreifendes Wiedersehen mit den Phantomdieben. Vor drei Jahren haben sie Tokio von seinen Tyrannen befreit, und nun, drei Jahre später, sind nicht nur wir älter geworden, sondern auch die Diebe selbst. Es dient als Epilog, und verbindet die Elemente der Warriors-Reihe mit denen, der Persona-Reihe und erschafft dabei ein Erfolgsrezept, von dem man sich mehr wünscht. Das Gameplay bietet dynamische Kämpfe, die aber auch Taktik voraussetzen. Leider fühlen sich die Städte Japans, und Gefängnisse sehr leer an, was aber wohl das Nebenprodukt dieses Hybriden ist. Dennoch ist „Persona 5 Strikers“ ein Spin-Off, das dem JRPG-Hit „Persona 5“ als Epilog, und sogar Nachfolger, gerecht wird.