In vergangenen Zeiten besaß Nintendo drei fundamentbildende Säulen, die ihren Ruf und besonders ihre ältesten Konsolen prägten. Neben dem ikonischen Klempner, Super Mario, und dem wagemutigen Abenteurer, Link, zierte eine besondere Kopfgeldjägerin die Fassade verschiedener Spieleschachteln. Nach einer fast fünfzehn Jahre langen Funkstille erreicht eine furchteinflößende Botschaft Samus, der den bislang vielleicht gefährlichsten Auftrag ihrer gesamten Karriere anbahnt. Mit einer glorreichen Rückkehr steht Samus nun wieder mit Mario und Link auf gleicher Augenhöhe.
Eine ominöse Videonachricht an die galaktische Föderation zeigte ein Exemplar eines X-Parasiten in freier Wildbahn, obwohl Samus eigentlich für das Aussterben dieser höchst gefährlichen Spezies sorgte. Nachdem auch der Kontakt zu einer Gruppe verschiedener Forschungseinheiten der galaktischen Föderation verloren geht, macht Samus sich, ohne einen weiteren Gedanken zu verlieren, auf den Weg zum delphischen Planeten ZDR, von dem die Botschaft zurückverfolgt werden konnte. Als Samus sich in die finsteren Kavernen wagt, wird sie von einem mysteriösen Krieger überfallen, der ihr alle Kräfte raubt, und einen neuen, organischen Anzug verpasst. Samus bekommt den Auftrag, aus den Tiefen ZDRs zu flüchten, und dabei gleichzeitig die EMMIs zu vermeiden, die der Söldnerin die Hölle heiß machen. Wie man es von Samus aber kennt, widersetzt sie sich den Befehlen Adams, und hat bereits eigene Pläne geschmiedet.
Bereits in den ersten Sekunden, in denen man Samus im brandneuen Anzug steuert, merkt man, dass sich vieles in den letztens fünfzehn Jahren drastisch verändert hat. Im Gegensatz zu Ablegern wie Super Metroid oder Metroid Fusion steuert Samus sich viel intuitiver und griffiger, als zuvor. Außer der Steuerung hat MercurySteam auch Veränderungen an der Grundausrüstung von Samus vorgenommen. Die wohl auffälligste Änderung ist das neue Kontern und der Nahkampfangriff. Läuft man einem angreifenden Gegner über den Weg, und reagiert im richtigen Moment präzise, eliminiert man den Gegner ohne Weiteres und erhält, neben zusätzlicher Munition, Energie, die den Zustand der verschiedenen Anzüge stabilisiert. Wie es sich für einen Titel der Metroid-Reihe gehört, findet man im Laufe des Abenteuers, beim Erkunden der kochenden Lavaröhren oder der kalten, futuristischen, Flure diverse Waffenverbesserungen und Werkzeuge. Beim Betreten von ZDRs mysteriösen Oberfläche läuft Samus zielgerichtet, in voller Montur, ins Innere des Planeten. Für eine kurze Weile bekommt man einen Vorgeschmack auf das volle Potenzial der Rüstung, und bleibt so am Ball. Letztendlich ist diese Vorstellung von Samus’ ganzer Kammer an Waffen effektiv, indem es demonstriert, was im Laufe des Titels auf den Spieler wartet. Im Arsenal der Soldatin findet man klassische Gadgets wie den Morphball, der Samus in eine Kugel verwandelt, und es ihr ermöglicht, sich durch enge und sonst unerreichbare Gänge zu bewegen. Darüber hinaus wird eine Handvoll neuer Upgrades mit Metroid Dread eingeführt, wie der Phantomumhang, der Samus eine gewisse Zeit lang, im Austausch für Energie, unsichtbar macht. Samus’ Bewegungen entscheiden, wie viel Energie sie fürs Verstecken verbraucht. Einfaches Herumstehen nuckelt lediglich am Balken, während Sprünge und Schüsse ihn regelrecht leer saugen. Am Anfang des Spiels ist der Umhang ein treuer Gefährte und kommt in der einen oder anderen Flucht vor den unnachgiebigen EMMIs zum Einsatz. Im Umkehrschluss birgt das Gadget aber mehr Nachteile, als Vorteile. In den ersten Stunden des Abenteuers ist Samus noch relativ fragil, und vermisst den Hauptteil ihrer Energie. So entkommt man zeitweilig vielleicht einem EMMI, muss sich dann allerdings durch viele Gänge tasten, da ein einziger Angriff, selbst eine Berührung, ausreicht, um Samus den wortwörtlichen Rest zu geben. Ein deutlich erkennbares Upgrade ist das Pulsradar, das die Umgebung nach zerstörbaren Teilen der Wand und Geheimgängen scannt. Die Betätigung des Pulsradars selbst ist intuitiv und stört den Spielfluss nicht im Geringsten, im Gegensatz zum X-Ray-Scope aus Super Metroid, welches Samus zum Stillstand zwang, wenn man es einsetzen wollte. Insgesamt enthält dieses Spiel, das letztendlich eine heißersehnte Rückkehr, wahrscheinlich aber auch Eintrittsstelle für viele künftige Fans, ist, eine vernünftige Mischung aus brandneuen Ideen und altbekannten Standardwerkzeuge, die die Metroid-Serie bereits definiert haben und weiterhin definieren werden.
Mit Mercury Steams Beteiligung an der Metroid-Reihe wurden die Auseinandersetzungen mit Bossen und Gegnern gewiss erheblich spannungsreicher. Im Gegensatz zu den anderen Metroid-Ablegern sind die Kreaturen ZDRs viel aggressiver und lassen sich kaum eine Gelegenheit entgehen, um auf Samus loszugehen. Mit dem bereits angesprochenen Konter und Nahkampfangriffen fließen die Kämpfe flüssiger, und unterbrechen den Spielfluss nur selten. Hierbei bekämpft Samus von rastlosen, Fledermaus-artigen Geschöpfen bis hin zu riesigen halb-fleischlich, halb-mechanischen Monstern alle möglichen Gegnertypen. Aufmerksames Erkunden wird besonders belohnt, da die meisten Gegner zur Lachnummer werden, sobald man den Trick raus hat. Den Glanzpunkt des Ganzen findet man jedoch in den zahlreichen Bosskämpfen, die Dread zu bieten hat. Neben Zwischensequenzen, die Samus perfekt darstellen, und einiges über die Kopfgeldjägerin selbst verraten, ohne ein einziges Wort zu verlieren, unterscheiden sich die einzelnen Kämpfe in fast all ihren Aspekten. Sei es die Schwachstelle eines Bosses, die Kulisse oder die Vorgeschichte, die Samus mit einem Gegner teilt, jeder Feind ist in seiner eigenen Weise unvergesslich. Dank des modernen Gameplays gehören nahezu alle Kämpfe zu den Besten der Reihe. Gegen Ende der Reise werden ein paar der nebensächlichen Bosskämpfe mehrmals wiederverwendet, was letztendlich nicht nur schade ist, aber auch kontinuierlich am Überraschungsfaktor nagt und repetitiv wird. Apropos Überraschungsfaktor: mit der Geschichte, den Arealen, und, vorwiegend, den Gegnern hält Metroid Dread konstant die Spannung am Leben. ZDR ist nicht nur für den Spieler ein neues Territorium, sondern auch für Samus selbst. Mit jeder vergehenden Stunde, jedem besiegten Boss und jedem gefundenen Upgrade erfährt man immer mehr und mehr über die merkwürdige Botschaft und den Planeten, die der Grund dafür ist, wieso Samus nun eigentlich hier steht. Fans der gesamten Reihe werden sich an der Tatsache erfreuen, dass viele vorherige Stränge hier erneut aufgegriffen, und zu einem Schluss gebracht werden. Die Verteilung und Reihenfolge, in der man Samus’ Rüstung aufwertet, sorgt oftmals auch für Erstaunen.
Für Spiele des Action-Exploration, oder auch Metroidvania, Genres, sind die Welten quasi genauso wichtig wie die Steuerung und Power-Ups. In ZDRs Unterwelt, in der Samus’ sich hochkämpft, findet man verschiedene Facetten vor. Artaria, das Anfangsareal, stellt die typische graue, kalte Höhle dar, die sich im Laufe des Spiels aber plötzlich und unerwartet wandelt. Im Kontrast zu den unzähligen Lavahöhlen entdeckt man in Burenia eine versunkene, futuristische Einrichtung, die nur so vor Gegnern und fortgeschritteneren EMMIs wimmelt. Das Wiederbesuchen älterer Ortschaften, oder Backtracking, wird in Dread kein einziges Mal zur Last, da sie in der Zeit, in der Samus fort war, grundlegende Änderungen durchmachten, die die Oberfläche und Atmosphäre völlig änderten. Jeder Bezirk hat außerdem ein EMMI-Gebiet, das, dank der stimmigen Musik und der Gestaltung der rauen Gänge, anfangs aufregend ist, sich aber genauso mehrmals wiederholt, und bereits nach dem zweiten oder dritten Mal öde wird. Aufgrund der vielen klischeehaften Areale stechen einige von ihnen leider nicht annähernd so heraus, wie es die Bosse oder die Steuerung selbst taten. Wo das Spiel im Bereich der Steuerung, Geschichte und Präsentation grundlegende Entwicklung durchlebt hat, ist es in bestimmten Aspekten der Welt mehr als veraltet. Wenn man mal nicht weiter weiß, wo es weitergeht, ist die klügste Option, alles und jeden akribisch anzuballern. Nicht nur optionale Upgrades und Gegenstände verstecken sich hinter diesen versteckten, zerstörbaren Blöcken, sondern auch obligatorische Gänge. Das Pulsradar erklärt dieses Problem nichtig, dennoch ist es unmissverständlich veraltetes Design, das hier auffälligerweise fehl am Platz ist.
Technisch ist Metroid Dread nicht umwerfend, gleichzeitig aber auch nicht enttäuschend. Die unterschiedlichen Kammern des Planeten ZDRs sind passend in Szene gesetzt und werden durch die Beleuchtungen verschiedener Elemente, wie Samus’ Rüstung, den vielen Lavagruben und streunenden Lichtquellen unterstützt. Teilweise stutzen die Zwischensequenzen, da hier lediglich die Modelle und Charaktere des Spiels benutzt werden, die ursprünglich nicht aus einer solchen Nähe betrachtet werden sollten, und aufgrund dessen schwammig erscheinen. Die Bildrate hingegen hält sich konstant, ohne jemals abzustürzen, und der Titel sieht auch im Handheld-Modus noch überzeugend aus.